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Akuter Stress: Wie Sie in vier Schritten die Kontrolle zurückgewinnen


Strategien gegen Stress: Im Interview mit GEO Wissen erklärt Psychologe Prof. Dr. Gert Kaluza, wie Sie in Momenten der Belastung reagieren können

GEO WISSEN:

Wie gelingt Erholung am besten?

Prof. Dr. Gert Kaluza:

Das hängt stark von individuellen Vorlieben und Möglichkeiten ab. Aber es gibt auch einige allgemeine Faktoren, die Erholung unterstützen. Zunächst kommt es auf das richtige Timing an.

Hier gilt: Rechtzeitig und regelmäßig!

Das bedeutet auch, dass man auf erste Anzeichen einer körperlichen oder psychischen Erholungsbedürftigkeit aufmerksam achtet, statt sie so lange wie möglich zu ignorieren.
Welche Form der Erholung dann richtig ist, hängt auch davon ab, welche Form der Beanspruchung wir zuvor erlebt haben. Wer auf der Arbeit den ganzen Tag starken Reizen ausgesetzt ist und abends nervös, aufgekratzt und überreizt ist, der braucht zur Erholung nicht noch weitere Reize, sondern etwas, das ihn zur Ruhe bringt, zum Beispiel Spaziergänge in der Natur oder systematische Entspannungsübungen.

Wer hingegen abends eher frustriert und missgelaunt ist, weil er auf der Arbeit zu einseitig gefordert ist, der sollte sich zur Erholung positive Herausforderungen suchen, die ihn stimulieren und ihm Erfolgserlebnisse vermitteln, etwa ein aktives Hobby oder eine Sportart lernen oder etwas Praktisches, Kreatives mit den Händen machen.
Schließlich ist es wichtig, sich in der Erholung von Normen, Ansprüchen und Erwartungen Dritter frei zu machen. Das ist die Voraussetzung dafür, die Freizeit als eigene „freie Zeit“, als „Ich-Zeit“, genießen zu können.

GEO WISSEN:

Wie gelingt Erholung am besten?

Prof. Dr. Gert Kaluza:

Das hängt stark von individuellen Vorlieben und Möglichkeiten ab. Aber es gibt auch einige allgemeine Faktoren, die Erholung unterstützen. Zunächst kommt es auf das richtige Timing an.

Hier gilt: Rechtzeitig und regelmäßig!

Das bedeutet auch, dass man auf erste Anzeichen einer körperlichen oder psychischen Erholungsbedürftigkeit aufmerksam achtet, statt sie so lange wie möglich zu ignorieren.
Welche Form der Erholung dann richtig ist, hängt auch davon ab, welche Form der Beanspruchung wir zuvor erlebt haben. Wer auf der Arbeit den ganzen Tag starken Reizen ausgesetzt ist und abends nervös, aufgekratzt und überreizt ist, der braucht zur Erholung nicht noch weitere Reize, sondern etwas, das ihn zur Ruhe bringt, zum Beispiel Spaziergänge in der Natur oder systematische Entspannungsübungen.

Wer hingegen abends eher frustriert und missgelaunt ist, weil er auf der Arbeit zu einseitig gefordert ist, der sollte sich zur Erholung positive Herausforderungen suchen, die ihn stimulieren und ihm Erfolgserlebnisse vermitteln, etwa ein aktives Hobby oder eine Sportart lernen oder etwas Praktisches, Kreatives mit den Händen machen.
Schließlich ist es wichtig, sich in der Erholung von Normen, Ansprüchen und Erwartungen Dritter frei zu machen. Das ist die Voraussetzung dafür, die Freizeit als eigene „freie Zeit“, als „Ich-Zeit“, genießen zu können.

Wie erholen Sie sich persönlich?

In meinem Beruf bin ich einseitig beansprucht: Ich sitze viel, bin oft allein am Schreibtisch, mit Denken beschäftigt. Daher habe ich mir schon vor vielen Jahren als Kontrast dazu Tanzen zum Hobby gemacht; da ist Bewegung, Musik, Gesellschaft. Seit einigen Jahren ist noch das Golfspielen dazugekommen. Da bin ich draußen unterwegs, auch in Bewegung und kann mehr spüren als denken.

Was kann genau in dem Moment helfen, in dem Stress zunimmt?

Akutes Stresserleben und langfristiges Stressmanagement greifen ineinander. Das bedeutet: Je mehr Sie sich langfristig mit Stress auseinandersetzen und die zuvor genannten Kompetenzen üben, desto weniger machtlos werden Sie sich in akut belastenden Situationen fühlen. Das geschieht ganz automatisch. Aber bis es so weit ist, können Sie sich im Moment der Belastung an einer Strategie orientieren, mit der Sie in wenigen Schritten die Kontrolle zurückgewinnen: Annehmen, Abkühlen, Analysieren und Aktion oder Ablenkung.

Wer es schafft, den Körper zu beruhigen, kann auch psychische Beanspruchungen besser bewältigen. Dabei helfen zum Teil jahrtausendealte Verfahren – aber ebenso neuere Methoden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist.

Wie funktioniert das genau?

1. Annehmen:

Das bedeutet, die Situation – etwa eine Zugverspätung, einen Stau, einen cholerischen Chef – und auch die eigenen Reaktionen darauf, zum Beispiel rote Flecken im Gesicht, Schweiß oder Angst, als Realität zu akzeptieren, nur für den Augenblick. Das ist nicht gleichbedeutend mit passivem Hinnehmen, Erdulden oder gar Gutheißen. Vielmehr ist die bewusste Entscheidung gemeint, der Realität ins Auge zu blicken. Es ist der erste Schritt aus der Opferrolle – und aus dem Stress.

2. Abkühlen:

Nach dem bewussten „Ja“ zur Situation gilt es, die eigene Mitte wiederzufinden, die Erregung loszuwerden. Das kann ganz unterschiedlich erreicht werden; manchmal genügen schon einige tiefe Atemzüge, anderen hilft es, ein Glas Wasser zu trinken oder den Boden unter den Füßen bewusst zu spüren. Wichtig ist auch hier wieder: sich willentlich für das Abkühlen zu entscheiden.

3. Analysieren:

Wenn es uns gelingt, in einer akuten Stresssituation eine annehmende Grundhaltung zu finden und die aufschießende körperliche und emotionale Erregung zu regulieren, ist schon viel gewonnen. Äußerlich mag sich die Situation noch nicht geändert haben, aber wir haben uns innerlich gewandelt. Dann können wir uns fragen: „Was kann ich tun?“ Doch nicht jede Handlungsoption muss gleich umgesetzt werden. Deshalb ist die zweite Frage mindestens ebenso wichtig: „Ist es mir das wert?“

4. Aktion oder Ablenkung:

Diese Fragen sollten dazu führen, dass man gezielt Maßnahmen ergreift, um die Situation zu verändern: Man tritt in „Aktion“. Oder man unternimmt etwas, um sich von der aktuellen Situation zu distanzieren: Man sucht „Ablenkung“. Entweder man kümmert sich also um die Situation – oder um sich selbst. Eine Aktion kann etwa sein, eine Aufgabe zu delegieren. Eine Ablenkung kann darin bestehen, ein Musikstück zu hören oder einen Tee zu trinken, bevor man wieder in Aktion geht.

Autoren: Bertram Weiß, Maria Kirady
Quelle: Dieses Interview ist eine gekürzte Version. Das gesamte Gespräch mit Gert Kaluza finden Sie in der GEO Wissen-Ausgabe Nr. 61 „Zeit für die Seele“